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Overtourism im Riedbergpassgebiet

Die bei Touristen sehr beliebte Destination zieht ganzjährig, durch die schneesichere Lage besonders im Winter viele Gäste an. Dies führt oftmals zu Verkehrsproblemen in den Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein. Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie mit dem damit verbundenem aufstrebenden Inlandstourismus haben den Overtourism in den letzten Jahren zusätzlich verschärft. Bei der Bewältigung dieser Problematik sind die unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Prioritäten verschiedener Interessengruppen zu berücksichtigen:

  • Die touristischen Dienstleister verfolgen wirtschaftliche Gewinne als ihr Hauptziel, wollen aber gleichzeitig die Umweltbelastung minimieren und ihre kulturelle Identität bewahren.
  • Die Kommunen und der Landkreis stehen im Konflikt zwischen Verkehrslenkung und Tourismusförderung. Die Attraktivität des gegenwärtigen ÖPNV-Angebots ist aufgrund begrenzter Fahrtenkapazitäten ausbaufähig, jedoch reichen die finanziellen Mittel der öffentlichen Träger nicht für eine entsprechende Erweiterung aus. Eine potenzielle Sperrung des Riedbergpassgebiets für Individualverkehr bei Überfüllung steht im Widerspruch zu den für die Region notwendigen Tourismuseinnahmen.
  • Die Bürger streben eine Verringerung der Verkehrsbelastung an, während gleichzeitig der Tourismus den wichtigsten Wirtschaftsfaktor der Region darstellt.
  • Die Gäste suchen bei ihren Bergaktivitäten einerseits Ruhe und Erholung, andererseits aber auch Unterhaltung wie Hüttengaudi und Aprés-Skispaß. Gerade an Wochenenden und Feiertagen erfüllen sich viele Gäste diese Wünsche im Riedbergpassgebiet, was zu Überfüllung, längeren Wartezeiten, Gedränge und Konflikten in der Nutzung der Freizeitangebote führen kann.

 

Zu den Herausforderungen dieses Arbeitspaketes gehörten die Beschaffung von qualitativ hochwertigen Daten, die Implementierung eines Parkleitsystems, die komplexe Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Stakeholdern und die Lenkung der Besucherströme zur Bewältigung dieser Herausforderung.

Der entscheidende erste Schritt bestand darin, einen Arbeitskreis mit relevanten Entscheidungsträgern ins Leben zu rufen. Dieser spielte eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung des Projektteams und der gemeinsamen Erarbeitung von Lösungen und Besucherlenkungsmaßnahmen. Er setzte sich etwa aus Vertretern verschiedener Organisationen zusammen, darunter aus den beiden Pilotgemeinden, den Touristinfos und der Tourismus Hörnerdörfer GmbH, verschiedenen Landkreis-Abteilungen, dem Staatlichen Bauamt der Regierung von Schwaben, der Allgäu GmbH und weiteren externen Dienstleistern. Diese vielfältige Beteiligung war von entscheidender Bedeutung, um die unterschiedlichen Perspektiven und Bedürfnisse aller Interessengruppen zu berücksichtigen.

Gemeinsam erarbeitete und priorisierte der Arbeitskreis eine Vielzahl von Besucherlenkungsmaßnahmen in absteigender Reihenfolge:

  1. Die höchste Priorität erhielt die Erfassung der Parkplatzauslastung mittels Sensorik, was eine präzise Kontrolle der Parkplatzverfügbarkeit ermöglicht.
  2. Ebenfalls von großer Bedeutung war die Bereitstellung von Echtzeit-Informationen für Besucher, um fundierte Entscheidungen über ihre Anreise und Aktivitäten zu treffen.
  3. Die kontinuierliche Verkehrserfassung zur Überwachung der Straßenauslastung wurde ebenfalls als wichtiger Schritt zur Optimierung von Verkehrslenkungsmaßnahmen identifiziert.
  4. Des Weiteren wurde die Erstellung von Prognosen zur Verbesserung der Besucherlenkung als wichtiger Schritt identifiziert. Diese Prognosen sollen dazu beitragen, den Besucherstrom besser vorherzusagen und entsprechende Maßnahmen rechtzeitig zu ergreifen, um Überlastungen im Vorhinein zu vermeiden.
  5. Schließlich wurde die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) als essenzieller Baustein für eine effektive Besucherlenkung erkannt. Ein gut ausgebauter und attraktiver ÖPNV kann dazu beitragen, den Individualverkehr zu reduzieren und Gästen eine nachhaltige Alternative zur Anreise mit dem eigenen Fahrzeug zu bieten. Dies trägt nicht nur zur Entlastung der Straßen bei, sondern unterstützt auch die Umwelt- und Verkehrsnachhaltigkeit in der Region.

Insgesamt zielen diese entwickelten und priorisierten Maßnahmen darauf ab, den Verkehrsfluss zu optimieren, die natürlichen Ressourcen zu schonen und dabei den wichtigen touristischen Wirtschaftsfaktor nicht zu beeinträchtigen.

Die Kombination von Datenanalyse, technologischen Lösungen und einer ganzheitlichen Besucherlenkungsstrategie eröffnet vielversprechende Wege für eine nachhaltige touristische Entwicklung der Digitalen Hörnerdörfer. Hier einige der Ergebnisse:

  • Aufgrund des hohen Anteils an Besuchern, die mit dem eigenen Pkw anreisen, wurde eine die Echtzeiterfassung der Parkplatzauslastung mittels Sensoren wie Wärmebildkameras und Parkscheinautomaten als Maßnahme mit höchster Priorität durchgeführt. Zusätzlich wurden digitale Parkleitanzeigen in Form von kleinen dynamischen Einzelparkplatzschildern und großformatigen LED-RGB-Matrixanzeigen an den Zufahrtsstraßen installiert.
  • Die Ziel- und Parkplatzwahl der Besucher hängt stark von den Wetterbedingungen und den geplanten Aktivitäten ab. Die Lenkung eines erheblichen Anteils an Besuchern ist laut Umfrageergebnissen möglich. Die Lenkung soll durch die Bereitstellung relevanter Echtzeit-Informationen, insbesondere über digitale Medien erfolgen. Hierzu kann neben der eigenen Website und Social Media Kanälen die BayernCloud Tourismus genutzt werden, um Besucher frühzeitig über Wetter, Loipen- und Pistenstatus sowie Besucherandrang und Verkehrslage zu informieren. Die Prognosedaten aus den entwickelten Prognosesystemen können künftig genutzt werden, um Besucherströme zu prognostizieren und die Parkplatzauslastungszahlen genauer vorherzusagen.
  • Auch in anspruchsvollem Gelände wie dem Riedbergpass mit schwierigen alpinen Wetterbedingungen und eingeschränktem Mobilfunknetz sind Verbesserungen der Verkehrssituation durch technologische Systeme möglich. Der Einsatz von LoRaWAN-Konnektivität und Radarsensoren zur Verkehrszählung hat sich als Möglichkeit zur Generierung von Verkehrsechtzeitdaten bewährt. Diese Daten ermöglichen in Kombination mit anderen Sensortechnologien wie Parkscheinautomaten eine Echtzeitüberwachung des Verkehrsflusses und genaue Prognosen.
  • Die kostenlose Nutzung des Skibusses für Übernachtungsgäste mit der Gästekarte ist bei den Urlaubsgästen noch zu wenig bekannt. Gezieltes Marketing kann dazu beitragen, dass dieses Angebot besser genutzt wird.

Digitale Parkplatzauslastungsanzeigen am Parkplatz Grasgehren (Quelle: TCG)

Traffic Counter zur Echtzeit-Datenerfassung des Verkehrsaufkommens am Riedbergpass (Quelle: TCG)

Beispielhafte Anzeige des prognostizierten Gästeaufkommens – Screenshot aus der Shiny-App (Quelle: TCG)

Verbesserung der Skibus-Attraktivität und Erweiterung der P+R-Parkmöglichkeiten:

Steigerung der Skibus-Attraktivität durch bedarfsgerechte Taktung während Stoßzeiten und Bereitstellung von Echtzeitinformationen über Skibusfahrten am P+R Parkplatz.

Schaffung zusätzlicher Parkmöglichkeiten für die P+R-Nutzung, um den Bedarf besser abzudecken.

Entwicklung eines digitalen Parkleitsystems:

Implementierung eines digitalen Parkleitsystems durch Einbindung von Prognosedaten und der Beschilderung mit Echtzeitdaten, um Besuchern aktuelle Parkplatzinformationen zur Verfügung zu stellen. Einbezogen werden sollten auch benachbarte Gemeinden wie Fischen, Bolsterlang und Oberstdorf, damit die gesamte Region profitieren kann. Die Wahl der Standorte ist ein entscheidender strategischer Faktor, da die richtige Platzierung der Anzeigetafeln einen direkten Einfluss auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmer hat. Eine durchdachte Standortauswahl kann sicherstellen, dass die Fahrer ausreichend Zeit haben, die angezeigten Informationen zu verarbeiten, angemessen zu reagieren und Alternativstrategien umzusetzen.

Förderung digitaler Ausspielungskanäle:

Ausbau der digitalen Informationskanäle, darunter die eigene Website, Social Media und Plattformen wie die BayernCloud Tourismus oder die Allgäu-Walser-Card-App, um Besuchern Echtzeitdaten bereitzustellen.

Umfassende Besucherinformationen zur Parksituation:

Bereitstellung von detaillierten Informationen zur Parksituation, einschließlich freier Parkplätze und Prognosen, um die Zufriedenheit der Besucher zu steigern.

Nutzung von Daten aus Traffic Countern und Sensoren:

Aktive Nutzung von Daten aus Traffic Countern und Sensoren sowie Ausbau der Prognosesysteme zur weiteren Verbesserung der Besucherlenkung und -planung.

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